Interoperabilität in Europa

Ein gemeinschaftlicher Weg in die Zukunft

Auch im Urlaub möchten wir im Krankheitsfall die gewohnte Gesundheitsversorgung erhalten. Damit Sprachbarrieren und fehlende Informationen dem nicht im Wege stehen, ist die Interoperabilität entscheidend.

Daher ist die EU-Kommission verschiedene Verpflichtungen eingegangen und hat Initiativen gestartet, um auf Basis gemeinsamer Grundlagen Gesundheitsdaten auszutauschen. 

Zusammen mit anderen National Digital Health Agencies europäischer Länder arbeitet die gematik an einem digitalen und grenzüberschreidende Gesundheitswesen von Morgen.

Digitalisierung, Gesundheit, Europa

Digitalisierung - Kaum ein anderes Thema hat in den vergangenen Jahren mehr an Bedeutung gewonnen. Auch im Gesundheitswesen schreitet die digitale Transformation schnell voran.

Digitalisierung umfasst im Bereich der öffentlichen Gesundheit mehrere Themenkomplexe, unter anderem elektronische Gesundheitsakten und Standards für den Austausch von Daten, Telemedizin, mobile Gesundheits-Apps oder Künstliche Intelligenz. Seit einigen Jahren ist Digitale Gesundheit auch in der Europäischen Union (EU) eine strategische Priorität: In den letzten Jahren wurden zahlreiche Maßnahmen, Richtlinien, Verordnungen und Finanzierungsprogramme entwickelt, um die Digitalisierung der Gesundheitssysteme zu unterstützen. Die seit Ende 2019 im Amt befindliche EU-Kommission hat in ihrem Arbeitsprogramm für die kommenden fünf Jahre die Verpflichtung zur Gewährleistung eines besseren Zugangs zu Gesundheitsversorgungen angenommen. Digitale Gesundheit wird dabei als relevante Strategie zur Umsetzung der darin befindlichen Ziele genannt.

Digitaler Wandel in Europa: Was wird hierfür getan?

Die EU-Kommission ist eine Reihe von Verpflichtungen eingegangen, um den digitalen Wandel voranzutreiben, insbesondere:

  • Die Entwicklung EU-weiter Standards für Datenqualität, Zuverlässigkeit und Cybersicherheit, die den EU-Bürger:innen einen sicheren Zugang zu einem umfassenden elektronischen Datensatz mit ihren persönlichen Gesundheitsdaten ermöglichen;
  • EU-weite Standardisierung der elektronischen Gesundheitsakten;
  • Bessere Interoperabilität durch offene Austauschformate.

Die Gestaltung der Gesundheitssysteme liegt grundsätzlich in nationalstaatlicher Verantwortung, was auch in Artikel 168 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) unterstrichen wird. Gleichwohl nimmt der Einfluss der Institutionen der EU auf die Gestaltung unserer Gesundheitsversorgung immer weiter zu. Allerdings gilt bei allen Aktivitäten der EU das Subsidiaritätsprinzip.

State of Play: Neue Herausforderungen und Möglichkeiten

EU- Bürger:innen, die auf Reisen oder bei der Verlegung ihres Wohnsitzes in einen anderen EU-Mitgliedstaat medizinische Versorgung benötigen, sind häufig mit dem fehlenden Zugang zu ihren eigenen Krankenakten oder Medikamenten konfrontiert.

Die EU-Kommission schlug 2017 vor, die Koordinierungsbemühungen für die digitale Transformation des Gesundheitswesens und der Pflege in Europa zu verstärken. Drei Prioritäten wurden dabei formuliert:

  1. Sicherer Zugang der EU-Bürger:innen zu elektronischen Gesundheitsakten und die Möglichkeit diese grenzüberschreitend auszutauschen,
  2. Ausbau der Dateninfrastruktur, um Forschung zu unterstützen und die personalisierte Medizin voranzubringen und
  3. Verbesserung des Austauschs zwischen Patient:innen und Gesundheitsdienstleistern. 

Um diese Punkte verfolgen zu können, ist der Schutz der personenbezogenen Daten, Interoperabilität und die Finanzierung von Forschung relevant.

Die grenzüberschreitende Interoperabilität und der Austausch von Gesundheitsdaten zwischen den EU-Mitgliedstaaten wird durch verschiedene EU-Instrumente unterstützt. So wurde beispielsweise 2015 vom eHealth-Netzwerk ein europäischer Interoperabilitätsrahmen für elektronische Gesundheitsdienste (ReEIF) angenommen. Dieser bietet einen gemeinsamen Rahmen von Begriffen und Methoden, der darauf abzielt, Fragen der Interoperabilität im Bereich der elektronischen Gesundheitsdienste zu behandeln und als Schlüsselinstrument für die Verbesserung von Projekten und Lösungen in diesem speziellen Bereich zu dienen.

Derzeit machen mehrere EU-Mitgliedstaaten Fortschritte bei der Einführung interoperabler elektronischer Patientenakten auf nationaler oder regionaler Ebene. Es gibt jedoch bisher keine koordinierte Lösung oder einen koordinierten Ansatz im europäischen Kontext.

Digging Deeper: Überblick laufender europäischer Initiativen

Die Richtlinie über die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung legt den rechtlichen Rahmen für Patient:innen fest, die Gesundheitsdienstleistungen in einem anderen EU-Mitgliedstaat in Anspruch nehmen wollen. Gemäß der Richtlinie erhalten Patient:innen eine Erstattung für Behandlungen im Ausland, als wäre die Behandlung im Heimatstaat durchgeführt worden.

Jeder Mitgliedstaat musste eine nationale Kontaktstelle (NKS) zur Information von einreisenden und ausreisenden Patient:innen rund um die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung einrichten. In Deutschland ist die NKS über www.eu-patienten.de abrufbar.

Im Mission Letter an die EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides wurde die Schaffung eines Europäischen Gesundheitsdatenraums zur Förderung des Austauschs von Gesundheitsdaten als eine der wichtigsten Prioritäten bis 2025 genannt.

Der Europäische Raum für Gesundheitsdaten soll

  • den sicheren Austausch von Patientendaten und die Kontrolle der EU-Bürger:innen über ihre Gesundheitsdaten fördern;

  • die Forschung in Bezug auf Behandlungen, Arzneimittel, Medizinprodukte und Ergebnisse unterstützen;

  • den Zugang zu Gesundheitsdaten und ihre Nutzung für Forschung, Politikgestaltung und Regulierung mit einem zuverlässigen Steuerungsrahmen und unter Wahrung der Datenschutzvorschriften fördern;

  • die digitalen Gesundheitsdienste unterstützen;

  • Fragen der Sicherheit und Haftung in Bezug auf künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen klären.

Die Veröffentlichung eines Gesetzesvorschlags ist für Anfang 2022 vorgesehen.

Unter dem Stichwort Digitale Bürgerschaft gehören einer Reihe von Digitalen Rechten sowie Digitalgrundsätze für Europäer:innen. Neben anderen wird auch der Digitalgrundsatz

Digitalisierung öffentlicher Dienste explizit als ambitioniertes Ziel in 2030 gesetzt:

  • Wesentliche öffentliche Dienste: 100 % online

  • Elektronische Gesundheitsdienste: 100 % der Bürger:innen haben Zugang zu ihren Patientenakten

  • Digitale Identität: 80 % der Bürger:innen nutzen digitale ID

Die EU-Kommission hat vor dem Hintergrund des Digitalen Kompass 2030 im Juni 2021 einen Regulierungsrahmen für eine europäische digitale Identität (EUid) vorgelegt. Die EUid soll Nutzer:innen ermöglichen, europaweit sicher und transparent ihre Identität nachzuweisen und eine Vielzahl von öffentlichen und privaten Online-Diensten innerhalb der EU zu nutzen.

Den EU-Bürger:innen soll ein EUid-Wallet zur Verfügung gestellt werden, in demnationale digitale Identitäten mit persönlichen Dokumenten verknüpft werden können.

Bis September 2022 sollen die EU-Mitgliedstaaten einen Vorschlag zur Schaffung eines gemeinsamen Instrumentariums vorlegen.  

Übersicht der Plattformen für strategische Zusammenarbeit

TEHDAS

Um die Arbeiten der EU-Kommission zur Ausgestaltung des Europäischen Gesundheitsdatenraums zu unterstützen, wurde 2021 die Gemeinsame Aktion für den europäischen Gesundheitsdatenraum (TEHDAS) eingeleitet.

Zu TEHDAS

eHSG

Die eHealth-Interessensgruppe (eHSG) setzt sich aus Vertretern der europäischen Dachverbände in den Bereichen Forschung, Industrie und Standardisierung zusammen. Ziel der Gruppe ist es, zur Entwicklung der Politik zu elektronischen Gesundheitsdiensten beizutragen. Ihr Mandat läuft noch bis Ende 2022.

Zu eHSG

X-eHealth

Die gemeinsame Aktion zur Ausgestaltung des EHRxF (X-eHealth) wurde im Herbst 2020 eingeleitet. Sie unterstützt die Definition und Spezifikation des European EHR exchange Format u.a. bei den Use Cases Labordaten, Krankenhausentlassbrief und Bilddaten.

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