Outcome
Im Rahmen der Ergebnisevaluation soll geklärt werden, inwiefern sich die NVF (Input) kurzfristig positiv auf (a) die Intensität und (b) Kompetenz, mit der sich die Patient*innen um einen Therapieplatz bemühen, (c) die Flexibilität bzgl. der Annahme verfügbarer Therapieangebot, (c) die Wartezeit auf einen Therapieplatz, (d) die Problemlösekompetenz und (e) die Emotionsregulationskompetenz der Patient*innen (Output) auswirkt. Ferner ist zu klären, inwieweit sich als mittelfristige Wirkung eine Reduktion der psychopathologischen Symptombelastung und eine Steigerung des psychosozialen Funktionsniveaus (Outcome) und als Folgewirkung eine Erhöhung der Lebensqualität und eine Reduktion der Gesundheitskosten (Impact) ergibt.
Folgende Outcome-Maße werden ausgewertet:
Psychologische Erhebungsinstrumente (Telefoninterviews und Online-Fragebögen):
- Strukturiertes Klinisches Interview nach DSM-5 (SKID 5)
- Schedules for Clinical Assessment in Neuropsychiatry (SCAN)
- Brief Symptom Inventory (BSI)
- Fragebogen zur Messung des psychosozialen Funktionsniveaus und der Lebensqualität (SF-12), Social Functioning Questionnaire (SFQ)
Messung der direkten und indirekten Gesundheitskosten:
- deutsche Version des Client Sociodemographic and Service Receipt Inventory (CSSRI)
- Routinedaten der Krankenkassen
Problemlösekompetenz, die Emotionsregulationskompetenz:
- Problemsolving Inventory (PSI), Fragebogen zur Selbsteinschätzung emotionaler Kompetenzen (SEK-27)
Erfassung weiterer Outputvariablen, für die keine etablierten Instrumente vorliegen (z.B. Wartezeit, Sucheinsatz, Flexibilität bei der Annahme verfügbarer Angebote):
- QUATEMAR-Evaluations-Fragebogen (QUATEVALFRA) für Patient*innen, QUATEMAR-Coaches und niedergelassene Psychotherapeut*innen
Erhebung von Akzeptanz bzw. Zufriedenheit der Patient*innen und der QUATEMAR-Coaches mit der NVF:
- adaptierte Versionen des User Experience Questionnaires Short (UEQ-S) und der User Technology Acceptability Questionnaire (SUTAQ)
Intervention
Korrekt angemeldete Patient*innen erhalten eine vom mentalis Anmeldetool automatisch generierte E-Mail mit einem Willkommensgruß, Informationen zum weiteren Vorgehen, dem Download-Link zur QUATEMAR-App, einem personalisierten Code zur Anmeldung auf der App, einer Bestätigung der gewählten Termine und den Namen des QUATEMAR-Coaches, der*die den*die jeweilige Patient*in an diesen Terminen kontaktieren wird. Wenn Patient*innen die App öffnen, wird eine 2-Faktor Autentifizierung aktiviert, über welche die Patient*innen die App durch das Eingeben des Codes aus der Willkommensmail sowie eines bspw. per SMS zugesandten Freischaltcodes freigeschalten können. Ist dies erfolgt, können die Patient*innen sich eine Methode auswählen, mit der sie die QUATEMAR-App zukünftig öffnen können (z.B. per Gesichtsserkennung, Mustereingabe oder Daumenabdruck). In der App werden die Patient*innen mit einem Video begrüßt, welches das QUATEMAR Angebot vorstellt und in die zu diesem Zeitpunkt bereits freigeschalteten Module der App einführt. In den psychotherapeutischen Tele-Coachings (Dauer: jeweils max. 30 Minuten; Anzahl: max. 6 in der QUATERMAR-Standardversion, max. 12 in der QUATEMAR-Intensiv-Version) werden von den Patient*innen gemeinsam mit den (als Psychotherapeut*innen approbierten aber nicht niedergelassenen) QUATEMAR-Coaches zunächst Themen bearbeitet, die für das zeitnahe Auffinden eines Therapieplatzes relevant sind. Gemäß des (in einer Vorstude bereits erprobten) QUATEMAR-Coaching-Leitfadens zählen dazu: 1. Spezifikation des Bedarfs nach ambulanter Richtlinienpsychotherapie (Anlass, Ziele, Präferenzen, Dringlichkeit), 2. Remoralisierung (mit Hilfe Ressourcen-aktivierender Interventionen, 3. Planung der Therapieplatzsuche (Liste der in Frage kommender Therapeut*innen erstellen, Reihenfolge und Art der Kontaktaufnahme festlegen, Schwierigkeiten bei der Kontaktaufnahme antizipieren und diesbezüglich Lösungen entwickeln, Selbstverstärkungsstrategien erarbeiten), 4. Umsetzung des Suchplans inkl. der Überwindung der antizipierten Probleme bei der Planumsetzung (z.B. Hoffnungslosigkeit bei Depression, Kontaktaufnahmehemmungen bei Sozialer Phobie etc.) und 5. Evaluation des Erreichten, (Selbst-)Verstärkung für (Teil-)Erfolge bzw. für das Bemühen. Mit Hilfe von Techniken der sokratischen Gesprächsführung sollen dabei auch Einstellungen hinterfragt werden, die Patient*innen von der Nutzung verfügbarer Angebote abhalten (z.B. Vorbehalte Gruppenpsychotherapie). Bei der Bearbeitung dieser Themen bietet der Coach den Patient*innen auch die Nutzung der QUATEMAR-App an. Diese vermittelt in Form von leicht verständlichen Texten, Audios und Videos, wie man bei der Suche nach einem Therapieplatz optimalerweise vorgeht, und wie man mit den dabei entstehenden Schwierigkeiten am besten umgehen kann, und enthält eine Suchfunktion für regionale Versorgungsangebote. Im optimalen Szenario findet der*die Patient*in mit Hilfe dieser Unterstützung hinreichend schnell einen Therapieplatz – woraufhin die QUATEMAR-Unterstützung beendet werden würde. Für den Fall, dass zwar ein Therapieplatz gefunden wurde, dieser aber nicht hinreichend schnell zur Verfügung steht, plant der QUATEMAR-Coach mit dem*r Patient*in, wie die entstehende Wartezeit konstruktiv genutzt werden kann. Neben der ggf. fortzusetzenden Suche nach einem zeitnäheren Therapieplatz bietet der Coach dabei Unterstützung beim Erwerb von Kompetenzen an, mit denen Patient*innen selbst ihren Gesundheitszustand während der Wartezeit stabilisieren (im Idealfall sogar normalisieren) können. Als störungsübergreifend relevante Gesundheitskompetenzen beeinhaltet dieses Angebot manualbasierte, aber individuell-angepasste Interventionen zur Stärkung der Problemlöse- und der Emotionsregulationskompetenz. Ausgehend von den individuellen Problemen, die dem Therapiebedarf der*des Patient*in zu Grunde liegen, vermittelt der Coach Strategien, mit denen sich diese Probleme entweder lösen lassen, sowie Strategien, die einen adaptiven Umgang mit belastenden Gefühlen ermöglichen, die in der Folge von nicht veränderbaren Problemen entstehen. Dabei kann der Coach wieder auf die QUATEMAR-App zurückgreifen, welche den Patient*innen motivationsoptimierende Übungen zur Stärkung von Problemlöse- und Emotionsregulationskompetenzen anbietet. Darüber hinaus gibt die App sowohl den Patient*innen als auch den eCoaches ein Feedback über den jeweils aktuellen Trainingsstand. Dieses ermöglicht es den Coaches, bei Bedarf motivierend und/oder klärend einzugreifen, und so optimale Trainingserfolge zu fördern. Neben den störungsübergreifend-salutogenetischen Interventionen kann der Coach auch auf das Training von störungsspezifischen, evidenzbasierten Strategien zur Bewältigung von Depression, Angststörungen, Essstörungen und Abhängigkeitserkrankungen etc. fokussieren. Dabei kann sich der Coach wiederum von der QUATEMAR-App unterstützen lassen und – je nach individuellem Bedarf des*der jeweiligen Patient*in – die passenden Module mit störungsspezifischer Psychoedukation und störungsspezifischen Trainingslektionen für die*den Patient*in freischalten (und diesen bei der Bearbeitung dieser Module begleiten).
Kontrollgruppe
Minimalinterventions-Kontrollgruppe: Die edukative Minimalintervention wird über eine Web-Seite realisiert, die Informationen zur Verfügung stellt, wie man bei der Suche nach einem Therapieplatz am besten vorgeht und wie man unvermeidbare Wartezeiten konstruktiv nutzen kann. Im Gegensatz zu den beiden Experimentalgruppen wird dabei ausschließlich auf unterstützende Angebote jenseits der Web-Seite (Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen, Entspannungskurse bei Volkshochschulen etc.) verwiesen. Da sich Informationen dieser Art aktuell bereits auf den Web-Seiten verschiedener Stakeholder (z.B. Bundespsychotherapeutenkammen, KVn, Krankenkassen) finden lassen, aber (gemäß unseren Befragungen in den Vorstudien) von Patient*innen oft nicht gefunden werden, stellt diese KG eine schnell und mit minimalen Kosten implementier- und bewerbbaren Optimierung der Regelversorgung dar. Der Vergleich der beiden Experimentalgruppen mit dieser Bedingung ermöglicht somit Schlussfolgerungen darüber, inwieweit die mit der NVF (im Vergleich zu einer solchen Minimalintervention) einhergehenden Zusatzaufwände und -kosten durch stärkere Effekte auf die Zielgrößen gerechtfertigt sind.
Patientenkollektiv
QUATEMAR ist indiziert bei Personen, bei denen in der Psychotherapeutischen Sprechstunde (a) die Indikation für eine ambulante Richtlinientherapie gestellt wurde und (b) eine übermäßig lange Wartezeit auf einen Therapieplatz antizipiert wird. Da ambulante Richtlinienpsychotherapie gemäß § 26 der Psychotherapierichtlinie im Prinzip bei nahezu allen psychischen Störungen (ggf. zu verschiedenen Zeitpunkten im Behandlungsverlaufs) indiziert ist, bezieht sich die störungsbezogene Indikation prinzipiell auf den Gesamtbereich „F00 bis F99“. Im konkreten Einzelfall obliegt es dem/der Sprechstundentherapeut*in zu entscheiden, ob bei den jeweils diagnostizierten Störungen eine ambulante Richtlinientherapie indiziert ist Auf der Grundlage von Studien zur Diagnoseverteilung in der ambulanten Psychotherapie kann davon ausgegangen werden, dass insbesondere die folgenden Störungsbilder in der adressierten Zielgruppe vertreten sein werden: F32.0, F32.1, F33.0, F33.1, F40, F41, F42, F43, F45, F50.0, F51-F59.